Agil versus User Centered
In unserem Artikel vom 08.01.2020 haben wir euch bereits einen Einblick in unsere Arbeitsweise gegeben. Heute nehmen wir das „Agile“ und das „User Centered Design“ erneut unter die Lupe – diesmal aus einer etwas wissenschaftlicheren Perspektive. Wir klären, worin sich die beiden Ansätze unterscheiden und wie sie trotz ihres Unterschieds voneinander profitieren können.
Agil versus User Centered – Wo liegt der Unterschied?
Diese Frage lässt sich kurz und knapp beantworten:
– Die agile Arbeitsweise stellt den Prozess und die kontinuierliche Einbindung der KundInnen (AuftraggeberInnen) in den Mittelpunkt.
– Das User Centered Design fokussiert sich auf die Nutzenden.
Um diesen Unterschied zu verdeutlichen, werfen wir einen genaueren Blick auf die beiden Methoden.
Die agile Arbeitsweise
Agil stammt ursprünglich aus der Softwareentwicklung. Hier sind Anforderungen anfänglich oft unklar oder verändern sich im Laufe des Projekts. Agiles Arbeiten setzt deshalb auf Flexibilität und ein iteratives Vorgehen, um Produkte kontinuierlich weiterzuentwickeln – immer mit dem Feedback der KundInnen im Blick.
Veränderungen sind nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Denn in unserer volatilen, unsicheren, komplexen und ambivalenten VUKA-Welt reicht die klassische Produktentwicklung (z. B. nach dem Wasserfallmodell) nicht mehr aus, um wettbewerbsfähige digitale Produkte zu schaffen. Die agile Arbeitsweise bietet hier eine wertvolle Alternative – allerdings nicht als Freifahrtschein für Chaos, sondern als strukturierte Antwort auf komplexe Herausforderungen.
Dabei sollte angemerkt werden, dass der Einsatz der agilen Arbeitsweise individuell an das Produkt und die Umgebungsvariablen angepasst werden muss.
Zur Umsetzung der agilen Arbeitsweise gibt es zahlreiche Methoden und Frameworks – nicht nur Scrum. Doch damit agil wirklich funktioniert, braucht es das richtige Mindset. Dieses basiert auf vier zentralen Werten:
👧🏽 Menschen und Interaktionen sind wichtiger als Prozesse und Werkzeuge.
📱 Funktionierende Software ist wichtiger als umfassende Dokumentation.
🤝🏼 Zusammenarbeit mit den KundInnen ist wichtiger als starre Verträge.
🔀 Reaktion auf Veränderung ist wichtiger als das Festhalten an einem Plan.
Klingt einleuchtend, ist aber oft leichter gesagt als getan. Das tagtägliche Leben dieser Werte erfordert am Anfang oftmals ein grundlegendes Umdenken sowie Mut und Durchhaltevermögen. Gerade in heiklen Situationen neigen viele dazu, wieder ins Mikromanagement zu verfallen. Doch genau dann kommt es darauf an, den agilen Werten zu vertrauen.
Agil versus User Centered
User Centered Design (UCD)
Das Ziel von UCD ist es, Produkte zu entwickeln, die nicht nur effektiv, effizient und zufriedenstellend sind, sondern auch positive Emotionen bei den Nutzenden hervorrufen. Dabei stehen diese immer im Fokus. Das bedeutet, dass Nutzende in jeder Phase des Designprozesses involviert werden – von der ersten Idee bis zum finalen Produkt.
Wie bei der agilen Arbeitsweise setzt auch das UCD auf iterative Prozesse. Eine Iteration des UCD besteht grundsätzlich aus vier Phasen:
🕵🏽 Kontext verstehen – Wer sind die Nutzenden? Welche Bedürfnisse haben sie?
📋 Anforderungen spezifizieren – Welche Funktionen sind notwendig?
🎨 Designlösungen entwickeln – Prototypen und Konzepte erstellen.
✅ Evaluieren – Sind alle Anforderungen erfüllt?
Wenn die Evaluierungsergebnisse einen weiteren Handlungsbedarf aufzeigen, wird eine neue Iteration gestartet. Ergibt sich aus der Evaluierung kein Handlungsbedarf, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass das Produkt seinen optimalen Reifegrad erreicht hat und den Nutzungsanforderungen entspricht.
UCD betrachtet die User Experience dabei ganzheitlich. Deshalb arbeiten Entwickler, Designer, UX-Researcher, Vertrieb und Stakeholder eng zusammen. Auch nach dem Launch wird das Verhalten der Nutzenden kontinuierlich analysiert, um das Produkt weiter zu verbessern.
Zu den typischen Methoden des UCD gehören Design Thinking, Ideation, Personas, Prototyping, User Tests und partizipatives Design.
Gemeinsamkeiten und Herausforderungen
Obwohl Agil und UCD unterschiedliche Schwerpunkte haben, gibt es viele Parallelen: Beide Ansätze setzen auf Iterationen, Flexibilität und Offenheit gegenüber Anpassungen. Die größte Herausforderung zwischen beiden liegt oft im Zeitmanagement. Während das UCD umfangreiche Research-Phasen vorsieht, fordert das Agile schnelle Entwicklungszyklen.
Wie können Agil und UCD dennoch voneinander profitieren?
Die gute Nachricht: Die beiden Methoden schließen sich nicht aus. Im Gegenteil: Sie lassen sich hervorragend kombinieren. Der Schlüssel liegt in der flexiblen Integration von UCD in agile Prozesse. So kann das Produkt basierend auf echten Impressionen von Nutzenden und nicht nur auf Hypothesen entwickelt werden. Gleichzeitig sorgt das Agile dafür, dass die Erkenntnisse integer mit den Interessen der KundInnen auf- und eingearbeitet werden.
In der Praxis gibt es bereits erprobte Ansätze, welche beide Methoden vereinen – beispielsweise Lean UX oder Design Thinking mit Agile. Ziel ist es, die Anforderungen der Nutzenden von Anfang an in die agile Planung einzubeziehen und mit den Stakeholdern abzustimmen.
Agil versus User Centered
Durch diese Kombination kann sichergestellt werden, dass das Produkt sowohl die Vorstellungen und Anforderungen der KundInnen erfüllt als auch die Erwartungen und Bedürfnisse der Nutzenden trifft – der optimale Weg, um erfolgreiche digitale Produkte zu entwickeln.
Und wie gehen wir bei TBO damit um?
Wir vereinen agile Softwareentwicklung, Lean Thinking und User Centered Design in einem kompakten Prozessablauf. Unser Ziel hierbei ist es, durch ein iteratives Vorgehen, in welches der Design-Prozess integriert ist, Ideen frühzeitig zu testen und somit Konzepte durch Stakeholder und Nutzende zu validieren. Das schrittweise Vorgehen führt dabei zum Erfolg, da wir uns immer auf das Wesentliche konzentrieren können.
Wichtig ist uns dabei, dass die entwickelten Produkte einen echten Mehrwert bieten. Dafür ist es essentiell, die Nutzenden sowie ihre Motivation und Anforderungen zu verstehen. Dies geschieht immer gemeinsam mit unseren KundInnen.
Unser Anspruch dabei ist ganz klar: Unsere KundInnen unterstützen, um im Rahmen der Möglichkeiten die bestmögliche Lösung zu entwickeln.
Die agile Arbeitsweise ist mittlerweile weit verbreitet, und es gibt unzählige Informationsquellen dazu. Wir sind daher sicher, dass ihr hierüber entweder schon gut informiert seid oder ausreichend Quellen dazu findet.
Dafür möchten wir euch in künftigen Beiträgen noch tiefer in die Welt des User Centered Design mitnehmen – also stay tuned!
Quellen:
Norman, D. (2013). The design of everyday things. Basic Books, NYC, USA.
Allen, J. & Chudley, J. (2013). Smashing UX Design. Foundations for Designing Online User Experiences. Wiley & Sons, UK.
Hassenzahl, M. (2003). The thing and I: understanding the relationship between user and product. In M.Blythe, C. Overbeeke, A. F. Monk, & P. C. Wright (Eds.), Funology: From Usability to Enjoyment (pp. 31-42). Dor- drecht: Kluwer.
Interaction Design Foundation – IxDF. (2016, June 5). What is User Centered Design (UCD)?. Interaction Design Foundation – IxDF. https://www.interaction-design.org/literature/topics/user-centered-design.