Crashtest: Pandemic Work! (Teil 2) 

Was wir durch Corona für die hybride Arbeit der Zukunft gelernt haben

Im ersten Teil berichteten wir davon, wie wir – wie viele andere Unternehmen auch – jäh ins kalte Wasser des Remote-Arbeitens geschmissen wurden. Das erste Sicherheitsgefühl, dass man in einer agil arbeitenden digitalen Agentur glücklicherweise Homeoffice-kompatibel genug ist, damit alle Prozesse wie gehabt laufen können, wich schnell der Ahnung, dass viele nicht-technische Themen bewusst gemacht und angegangen werden müssen: kommunikative, soziale, psychologische, kulturelle Themen, die sich freilich durch das technische Vermitteln von Kommunikation und dem Ausbleiben von echtem Kontakt in unser Bewusstsein drängen.

Im Folgenden wollen wir allen Interessierten ein paar Impulse zu einzelnen Themen aus unserer Erfahrung an die Hand geben.

 

1 – Flexible Arbeitszeiten und Kernarbeitszeit

Den Vorteil von Remote Work für die Work & Life Balance unterstützen wir zusätzlich mit flexibler Arbeitszeit. Um jedoch gleichzeitig den Teamgedanken und die Teamarbeit zu erhalten, gibt es eine Kernarbeitzeit. Bei TBO haben wir eine Kernarbeitszeit von 9:30 – 13:30 Uhr.

Es ist eine gute Sache für die mentale Gesundheit, wenn sich private Verpflichtungen oder Routinen und Büroarbeit nicht um bestimmte frühe Morgenstunden oder späte Nachmittagsstunden streiten müssen. Jedoch verlangen flexible Arbeitszeiten von jedem Einzelnen, einen Anfang und ein Ende zu finden. Die Entwicklung einer Routine hilft dabei.

 

2 – Meetingformate überdenken und eine Balance zwischen synchroner und asynchroner Zusammenarbeit finden

Es gibt etwas zu besprechen? Ein Team zu briefen, um damit gleich im Anschluss eine Diskussion zu eröffnen? Schnell mal ein Meeting einstellen… fertig. Halt! Das nämlich könnte das fünfte Meeting des Tages für so manch eine Person werden, die bisher nicht mal eine Minute Zeit gehabt hat, selbstbestimmt und für sich allein in ein Thema hineinzufinden.

Wie kann man eine kommunikative Mission sinnvoll aufbrechen? Welcher Teil der gemeinsamen Kommunikation lässt sich in ein Meeting kapseln und in welchem Format? Welcher Strang vorab oder im Nachgang lässt sich gut schriftlich, in Threads und asynchron verwirklichen? Was macht jeden einzelnen und das gesamte Team ausgeglichener und letztendlich produktiver? Mut zu mehr Asynchronität und Vertrauen in die Selbstwirksamkeit des Teams gilt es an den Tag zu legen, wenn Arbeitstage zu reinen Meetingtagen zu werden drohen.

 

 

 

3 – Projektmanagement

Asynchronität und Remote Work gewährt für alle größere Flexibilität in der Gestaltung des eigenen Tagesablaufs, verlangt jedoch gleichzeitig die Verantwortung beim Einzelnen, sich proaktiv in die Projekte einzubringen, die Abstimmung mit den Teammitgliedern zu suchen, die eigene Relevanz richtig einzuschätzen und nicht zuletzt, eigenverantwortlich Tasks zu erledigen. Jedes Mitglied im Team ist jetzt ein bisschen Projektmanager 😉

 

4 – Mentale Gesundheit ernst nehmen

Gerade jetzt in der All-Remote-Team-Situation rückt die mentale Gesundheit mehr denn je in den Fokus. „Your Business is only as good as your team“ galt schon immer, aber wie gut geht es meinem Team, jeder und jedem Einzelnen, wenn wir uns nicht mehr hautnah erleben und wenn jedes Teammitglied im Homeoffice ein wenig auf sich allein gestellt ist? Es gilt, sowohl auf die eigene psychische und physische Gesundheit als auch auf die der anderen zu achten, insbesondere für Führungskräfte. Mehr als sonst braucht es dafür einen „Empfänger“. Zwischen den Themenmeetings ist emotionaler und auch persönlicher Austausch wichtig: Das Ansprechen und Erkundigen nach persönlichen Empfindungen und individuelles Eingehen auf persönliche Herausforderungen jedes Teammitglieds.

Typische Risikopunkte für die mentale Gesundheit im Zusammenhang mit der aktuellen Pandemie-Situation sind die häusliche Arbeitsumgebung (Gibt es ein abgeschiedenes Arbeitszimmer oder nur eine Ecke im Kinderzimmer, in der man garantiert nicht lang allein ist?), das Vermögen, private Zeit und Arbeitszeit angemessen voneinander trennen zu können sowie die starke soziale Abgeschiedenheit aktuell.

 

 

 

5 – Teamgefühl und Unternehmenskultur

Wie stärkt man remote das Teamgefühl und lebt die Unternehmenskultur? Die losen Treffen in der Küche, das gemeinsame Mittagessen, der kleine Talk an der Kaffeemaschine – diese kleinen wunderbaren Dinge des Büroalltags, die jetzt fehlen, sind unsere Kontaktpunkte und sie haben einen großen Anteil an dem Gefühl des sozialen Zusammenhalts.

Wir haben versucht, unsere Küchengespräche ins Digitale zu holen, doch der „Küche“-Channel in Slack lockt selten zur selben Zeit mehr als einen Besucher an. Vielleicht fehlt es uns hier noch, wirklich zu verstehen, dass der Kaffeetalk oder das Quatschen zwischendurch ebenso wichtig sind wie Meetings, um eine entsprechende Routine zu verinnerlichen.

Gut funktioniert haben stattdessen fest vereinbarte Treffen zu Team Events, sowohl kleine wie ein kurzweiliges Online Exit Game als auch größere wie ein Wein-Tasting im Videochat. Gleichzeitig nehmen wir uns in unserem Weekly Stand Up oder Monthly All Hands die Zeit, uns vor oder nach dem Projekttalk auch privat zu unterhalten, uns auszutauschen über Serien, neue Bücher oder Tipps & Tricks für das Arbeiten mit Kindern zuhause, anstatt auf Agenden zu beharren.

 

6 – Die Umwandlung des Büros

Wenn wir nun in Zukunft zu großen Teilen zuhause arbeiten und meist nur ein Teil der Belegschaft im Büro ist, was wird dann aus dem Büro als Ort?

In einer hybriden Arbeitsumgebung empfiehlt es sich, das Büro Schritt für Schritt vom Ort des Einzelarbeitens an stillen Schreibtischen (mit Meetingsräumen) zum sozialen Space für Zusammenarbeit (mit einigen leisen Schreibtischplätzen) umzugestalten. Die vielen Schreibtischinseln weichen neuen Meet Up Areas und Lounge-Ecken, die im Büro der Zukunft Raum schaffen für kollaborative und kreative Arbeit.

Die geplante Aktivität entscheidet darüber, ob ein Homeoffice- oder ein Bürotag eingelegt wird. Beispielsweise empfiehlt sich das Zusammenkommen im Büro für einen Workshop mit 360°-Raumnutzung und dem Einsatz verschiedenster On- und Offline-Tools. Wenn es um stark kreatives und kollaboratives Arbeiten geht und wir dezentral verteilt sind, bringen uns Tools wie Miro, Wonder und Co. heutzutage zwar schon sehr nah an unser Ziel, aber dennoch stößt man all remote auch hier noch schnell an seine kreativen Grenzen.

Spannende Vorstellung bei diesem Thema: Vielleicht verfügt das SmartOffice der Zukunft irgendwann über eine Technik der Daten-Aggregation und -visualisierung, die Informationen wie Kontaktverfolgungsdaten, Verkehrsdaten, Termindaten usw. des Teams auswertet und jedem einzelnen Teammitglied jeden Tag aufs Neue mitteilt, ob es sich lohnt, ins Büro zu fahren (und warum) und welche passenden Räumlichkeiten und Aktivitäten zur Verfügung stehen.

 

 

7 – Onboarding für Neue

Eine wichtige Frage müssen wir uns auch stellen: Wie kommen neue MitarbeiterInnen in eine Hybrid-Bürogemeinschaft rein? Wie sieht das Onboarding aus? Hierbei müssen wir von den „Neuen“ lernen und wie bei einer Produktentwicklung durch Feedback & Optimierung immer besser werden. Denn wir selbst, die wir schon teils lange in der Teamgemeinschaft zugegen sind, können nicht wissen, wie wir in einer dezentralen Situation auf Neue wirken, gleichermaßen spüren wir nicht, wie neue Teammitglieder tagtäglich räumlich entkoppelt vom neuen Kollegium in der neuen Umgebung zurechtkommen.

 

8 – Meetings in einer hybriden Umgebung wollen gelernt sein!

Ein Meeting mit einem Mix an Leuten vor Ort und per Video „Zugeschalteten“ wirklich erfolgreich zu führen, ist gar nicht so einfach. In der Regel dominiert das Team im Raum die Kommunikation aus der rein technischen Situation heraus. Zudem mag es Menschen geben, die automatisch „leiser“ sind, wenn sie per Computer zugeschaltet sind, weil die mittelbare Situation ein befremdliches Gefühl auslöst, auch wenn diese Personen ansonsten – face to face – gar keine zurückhaltende Persönlichkeit haben. Hier gilt es die Zugeschalteten und die Leisen durch gezielte Moderation „nach vorne zu holen“ und in das Gespräch zu integrieren. Wir müssen die „Leisen“ im Videochat „lauter“ machen.

 

 

Eine Chance für die Zukunft des Arbeitens

Die aktuelle Situation stellt Unternehmen und Führungskräfte vor gleich zwei Herausforderungen: Wie geht man am besten mit der besonderen Remote-Work-Situation in Zeiten von Pandemie und Unsicherheit um, und wie bereitet man sich heute optimal auf das hybride Arbeitsmodell von morgen vor?

Wir sehen eine große Chance für die Zukunft des Arbeitens: flexibler, digitaler und selbstbestimmter.

Ideen, Anregungen, Feedback? Lass hören, wir freuen uns auf den Austausch!

 

BILDNACHWEISE

Team Video Conference by Dooder on vecteezy
Office Workplace by annieart0 on vecteezy
People adapt by naki-sama on vecteezy
Work from Home by agentcrown7165717 on vecteezy

Jana

Jana

Seit 2014 ist Jana Teil des TBO-Teams und als Head of Projects eine tragende Säule der Agentur. Nach dem Studium der Wirtschaftskommunikation sammelte sie Erfahrungen im Projektmanagement und Marketing und entwickelte sich durch Web-, App- und Mobile-Projekte schnell zur Digitalexpertin. Als Vertreterin agiler Arbeitsweise optimiert sie Prozesse und stellt einen reibungslosen Projektablauf sicher. Wenn sie mal nicht in der Agentur ist, wird Sport gemacht: Swim, Bike, Run - mal mit, mal ohne Terrier Maya.